Veröffentlicht am März 15, 2024

Die Durchsetzung Ihrer Datenschutzrechte ist kein höfliches Bitten, sondern ein strategischer Prozess, den Sie mit den richtigen bürokratischen Mitteln erzwingen können.

  • Ihr Recht auf Löschung (Art. 17 DSGVO) und Widerspruch (Art. 21 DSGVO) sind mächtige Werkzeuge, wenn sie präzise und mit Nachdruck eingesetzt werden.
  • Von Google über die SCHUFA bis hin zu Adresshändlern – für jeden Akteur gibt es einen spezifischen, rechtlich fundierten Eskalationspfad.

Empfehlung: Dokumentieren Sie jeden Schritt und nutzen Sie die Online-Ausweisfunktion (eID), um Ihren Anträgen den nötigen formellen Nachdruck zu verleihen und Ihre Identität zweifelsfrei zu belegen.

Sie sind es leid, dass Ihr Name in unvorteilhaften Google-Suchen auftaucht, Ihr Briefkasten mit personalisierter Werbung überquillt und Sie das Gefühl haben, die Kontrolle über Ihre persönlichen Daten verloren zu haben. Viele glauben, ein Klick auf „Alles ablehnen“ bei Cookie-Bannern oder ein formloser Brief seien ausreichende Maßnahmen. Die Realität ist jedoch ernüchternd: Unternehmen ignorieren oft vage Anfragen oder machen es den Verbrauchern absichtlich schwer. Der Schutz Ihrer Privatsphäre ist kein passives Recht, das Ihnen gewährt wird, sondern ein aktiver Kampf, der gewonnen werden muss.

Die landläufige Meinung, man sei den Datenkraken hilflos ausgeliefert, ist ein gefährlicher Irrglaube. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und deutsche Gesetze wie das BGB oder das KUG sind keine zahnlosen Tiger. Sie sind ein Arsenal an bürokratischen Waffen, das Ihnen zur Verfügung steht. Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht darin, nur zu wissen, *dass* Sie Rechte haben, sondern darin, zu lernen, wie Sie diese mit der Präzision und Hartnäckigkeit eines Fachanwalts durchsetzen. Es geht darum, eine saubere Beweiskette aufzubauen und den klaren Eskalationspfad zu kennen – von der ersten, unmissverständlichen Aufforderung bis zur Beschwerde bei der zuständigen Datenschutzbehörde.

Dieser Leitfaden ist Ihre taktische Einweisung. Wir werden nicht nur die üblichen Ratschläge wiederholen. Stattdessen zeigen wir Ihnen die konkreten Hebel und Vorgehensweisen, um Ihre Forderungen unabweisbar zu machen. Sie lernen, wie Sie die richtigen Formulare finden, Ihre Anträge rechtssicher formulieren und was zu tun ist, wenn ein Unternehmen auf stur schaltet. Es ist an der Zeit, vom passiven Opfer zum aktiven Gestalter Ihrer digitalen Identität zu werden.

Um Ihre digitale Souveränität systematisch zurückzugewinnen, haben wir diesen Leitfaden in praxisnahe Abschnitte unterteilt. Jeder Teil widmet sich einem spezifischen Problemfeld und gibt Ihnen die notwendigen Werkzeuge an die Hand, um effektiv zu handeln.

Warum taucht Ihr Name immer noch in alten Suchergebnissen auf und wie ändern Sie das?

Ein veralteter Forenbeitrag, ein peinlicher Artikel aus der Lokalzeitung oder eine längst beigelegte rechtliche Auseinandersetzung – das Internet vergisst selten. Google argumentiert oft mit dem öffentlichen Interesse an Informationen, doch das „Recht auf Vergessenwerden“ nach Art. 17 DSGVO ist Ihre schärfste Waffe dagegen. Entscheidend ist nicht, ob die Information wahr ist, sondern ob sie nach einer gewissen Zeit noch relevant und angemessen ist. Sie sind dabei nicht auf den guten Willen von Google angewiesen, sondern können Ihr Recht aktiv einfordern. Der Prozess ist formalisiert und erfordert Präzision.

Der erste Schritt ist immer der offizielle Antrag bei Google über das bereitgestellte Webformular. Eine vage Bitte wird ignoriert. Sie müssen jede einzelne URL auflisten und eine stichhaltige Begründung liefern, warum die Information veraltet, irrelevant oder unangemessen ist. Beziehen Sie sich explizit auf den Sachverhalt und den Zeitablauf. Allein in Deutschland ist dies ein gängiger Weg: Eine Analyse von Surfshark ergab rund 24.000 Löschanträge aus Deutschland im Jahr 2022. Dies zeigt, dass Sie mit diesem Problem nicht allein sind.

Sollte Google Ihren Antrag ablehnen, beginnt die Phase der strategischen Hartnäckigkeit. Sie haben das Recht, innerhalb einer Frist Beschwerde beim zuständigen Datenschutzbeauftragten einzulegen – für Google in Deutschland ist das der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit. Ein Hinweis auf diesen nächsten Schritt in Ihrer Kommunikation kann die Kooperationsbereitschaft bereits erhöhen. Parallel dazu sollten Sie den Betreiber der ursprünglichen Webseite (z. B. das Online-Magazin) kontaktieren und die Löschung des Quellartikels selbst fordern, oft mit Verweis auf § 1004 BGB analog (Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch).

Wie finden Sie heraus, was die Schufa wirklich über Sie gespeichert hat?

Die SCHUFA ist für viele Deutsche eine undurchsichtige Blackbox, die über Kreditwürdigkeit und Vertragsabschlüsse entscheidet. Doch Sie haben das gesetzlich verankerte Recht zu erfahren, was diese und andere Auskunfteien über Sie wissen. Gemäß Art. 15 DSGVO steht Ihnen mindestens einmal jährlich eine kostenlose Datenkopie zu. Dies ist kein trivialer Akt, sondern der fundamentale erste Schritt der Daten-Forensik: Sie können nur löschen oder korrigieren lassen, was Sie kennen. Fordern Sie diese Auskunft nicht nur bei der SCHUFA, sondern auch bei anderen relevanten Akteuren an.

Die Landschaft der deutschen Auskunfteien ist fragmentiert. Neben der allgegenwärtigen SCHUFA sammeln auch Unternehmen wie Creditreform Boniversum oder CRIF Bürgel Daten, oft mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Eine umfassende Prüfung Ihrer Bonitätsdaten erfordert Anfragen bei mehreren Stellen.

Die genaue Prüfung der erhaltenen Unterlagen ist entscheidend. Suchen Sie nach veralteten, falschen oder unvollständigen Einträgen. Ein längst abbezahlter Kredit, der noch als laufend geführt wird, kann Ihren Score erheblich beeinträchtigen.

Person prüft Bonitätsunterlagen am Schreibtisch mit natürlichem Licht

Wie das obige Bild andeutet, erfordert die Analyse Konzentration. Jeder Eintrag hat eine spezifische Löschfrist. Positive Einträge (z.B. erledigte Kredite) werden in der Regel drei Jahre nach Erledigung gelöscht. Bei negativen Einträgen sind die Fristen komplexer, aber es gibt Bewegung, wie ein aktuelles Beispiel zeigt.

Fallbeispiel: Verkürzte Löschfristen bei Restschuldbefreiung

Ein bedeutender Sieg für Verbraucher: Seit März 2023 löscht die SCHUFA Einträge zur Restschuldbefreiung nach einer Privatinsolvenz bereits nach sechs Monaten statt wie bisher nach drei Jahren. Diese Änderung, der sich auch Konkurrenten wie Creditreform Boniversum anschlossen, verbessert die Bonität von rund 250.000 Menschen in Deutschland schlagartig und ermöglicht ihnen einen schnelleren wirtschaftlichen Neustart.

Die folgende Tabelle gibt Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Anlaufstellen, um Ihre persönliche Dateninventur zu starten. Denken Sie daran: Die kostenlose Datenkopie nach Art. 15 DSGVO ist Ihr Recht.

Eine von der Verbraucherzentrale bereitgestellte Übersicht hilft, die wichtigsten Akteure im Blick zu behalten.

Die wichtigsten deutschen Auskunfteien im Überblick
Auskunftei Schwerpunkt Datenkopie-Anfrage
SCHUFA Umfassende Bonitätsdaten fast aller Verbraucher Online-Formular auf schufa.de
Creditreform Boniversum (jetzt bei infoscore) Zahlungsstörungen und Negativdaten Online bei infoscore.de
CRIF Bürgel Wirtschaftsdaten und Bonitätsprüfung selbstauskunft.de@crif.com
infoscore Consumer Data Hauptsächlich Negativdaten, Teil der Experian-Gruppe Online-Formular verfügbar

Alles ablehnen oder Blocker nutzen: Was schützt Sie effektiver vor Tracking?

Jeder Klick auf „Alles ablehnen“ bei einem Cookie-Banner fühlt sich wie ein kleiner Sieg an, doch es ist oft nur ein Scheingefecht. Viele Webseiten nutzen manipulative Designs („Dark Patterns“), um Nutzer zur Zustimmung zu drängen, oder ignorieren die Ablehnung teilweise. Eine repräsentative YouGov-Umfrage im Auftrag von WEB.DE und GMX zeigt, dass 38 % der Deutschen von Cookie-Hinweisen genervt sind, was oft zu unüberlegter Zustimmung führt. Ein reaktiver Ansatz allein reicht daher nicht aus, um sich wirksam vor permanentem Tracking zu schützen.

Ein effektiverer Schutz kombiniert zwei Ebenen: die rechtliche und die technische Verteidigung. Die rechtliche Ebene ist Ihr Widerspruchsrecht nach Art. 21 DSGVO. Wenn Sie einer Webseite die Einwilligung verweigern, ist jegliches Tracking auf Basis dieser Einwilligung illegal. Die technische Ebene sind Browser-Erweiterungen (Blocker) wie uBlock Origin oder Privacy Badger. Diese Tools blockieren Tracking-Skripte und Cookies proaktiv, unabhängig davon, was Sie im Banner angeklickt haben. Sie agieren als Ihr digitaler Leibwächter, der unerwünschte Beobachter gar nicht erst hereinlässt.

Die Kombination ist schlagkräftig: Der Blocker bietet den sofortigen technischen Schutz, während die bewusste Ablehnung im Cookie-Banner die rechtliche Grundlage für weitere Schritte schafft. Sollten Sie trotz Ablehnung getrackt werden, bauen Sie eine Beweiskette auf. Dokumentieren Sie den Verstoß (z.B. mit Screenshots der Netzwerkanalyse im Browser). Dies ist die Munition für eine Beschwerde bei der Datenschutzbehörde oder sogar für zivilrechtliche Forderungen.

Viele Nutzer sind sich nicht bewusst, dass illegales Tracking nicht nur ein Ärgernis ist, sondern auch finanzielle Konsequenzen für die Verursacher haben kann. Diese rechtliche Waffe sollten Sie kennen, wie ein Rechtsexperte betont:

Nutzer haben nach Art. 82 DSGVO Anspruch auf Schadensersatz für immaterielle Schäden durch illegales Tracking.

– Rechtsanwalt für IT-Recht, Kanzlei Law – YouTube und DSGVO

Diese Drohkulisse des Schadensersatzes ist oft ein wirksameres Argument als der bloße Verweis auf Ihr Widerspruchsrecht. Ein Hinweis auf mögliche Forderungen nach Art. 82 DSGVO in Ihrer Kommunikation kann die Bereitschaft zur Kooperation erheblich steigern.

Der Fehler beim Gewinnspiel, der Ihre E-Mail-Adresse an 50 Werbepartner verkauft

Die Teilnahme an einem Online-Gewinnspiel ist oft ein trojanisches Pferd. Im Kleingedruckten versteckt sich häufig eine Einwilligung zur Weitergabe Ihrer Daten an eine lange Liste von „Sponsoren“ oder „Partnern“. Ehe Sie sich versehen, wird Ihr Posteingang mit Spam überflutet, und Sie wissen nicht einmal, woher die Absender Ihre Adresse haben. Dies ist ein klassischer Fall, in dem Daten legal, aber gegen Ihren eigentlichen Willen, an Dutzende von Adresshändlern weitergegeben werden. Der Kampf dagegen scheint aussichtslos – es sei denn, Sie wenden eine proaktive forensische Strategie an.

Die effektivste Methode, um Datenlecks auf die Spur zu kommen, ist die E-Mail-Alias-Strategie. Statt überall Ihre Haupt-E-Mail-Adresse zu verwenden, erstellen Sie für jeden einzelnen Dienst eine einzigartige Alias-Adresse (z.B. `gewinnspiel-sommer24@meinedomain.de`), die alle an Ihr Hauptpostfach weiterleiten. Moderne E-Mail-Anbieter wie Proton Mail, Tutanota oder auch Apples „E-Mail-Adresse verbergen“ machen dies einfach. Alternativ können Sie bei vielen Anbietern (wie Gmail) einen Plus-Alias verwenden (z.B. `meinname+gewinnspielXY@gmail.com`).

Abstrakte Darstellung von Datenweitergabe durch mehrere Kanäle

Wenn nun eine Spam-Mail an die Adresse `gewinnspiel-sommer24@meinedomain.de` gesendet wird, wissen Sie zweifelsfrei, welches Unternehmen Ihre Daten weitergegeben hat. Diese Information ist Gold wert. Sie haben nun einen konkreten Ansatzpunkt und können eine saubere Beweiskette aufbauen. Sie können den ursprünglichen Datensammler (das Gewinnspiel) und den neuen Absender (den Spammer) konfrontieren und unter Androhung einer Beschwerde bei der Datenschutzbehörde die sofortige Löschung Ihrer Daten (Art. 17 DSGVO) und einen Widerspruch gegen zukünftige Verarbeitung (Art. 21 DSGVO) einlegen.

Ihr Aktionsplan: Datenhändler mit der Alias-Strategie entlarven

  1. Alias erstellen: Legen Sie für jede neue Anmeldung bei einem nicht vertrauenswürdigen Dienst einen einzigartigen E-Mail-Alias an (z.B. `firmaXY-nov24@ihre-domain.de`).
  2. Verwendung dokumentieren: Führen Sie eine einfache Liste, welchen Alias Sie bei welchem Dienst (Gewinnspiel, Newsletter, etc.) verwendet haben.
  3. Posteingang analysieren: Prüfen Sie bei eingehendem Spam, an welche exakte Alias-Adresse die E-Mail gesendet wurde. Dies ist Ihr Beweisstück.
  4. Beweise sichern: Machen Sie einen Screenshot oder speichern Sie die E-Mail als Datei, die den Empfänger-Alias deutlich zeigt.
  5. Gezielt vorgehen: Fordern Sie nun sowohl beim ursprünglichen Dienst als auch beim neuen Absender unter Verweis auf Ihren Beweis die Löschung und legen Sie Widerspruch ein. Drohen Sie mit einer Meldung an den Landesdatenschutzbeauftragten.

Problemfall Briefkasten: Wie stoppen Sie adressierte Werbepost gesetzlich wirksam?

Ein „Bitte keine Werbung“-Aufkleber am Briefkasten ist ein erster, aber oft unzureichender Schritt. Er wirkt zuverlässig gegen unadressierte Wurfsendungen wie Prospekte von Supermärkten. Doch die wahre Plage ist die adressierte und teiladressierte Werbung („An die Bewohner des Hauses Musterstraße 1“). Da diese Sendungen eine Adresse tragen, fühlen sich Zusteller verpflichtet, sie einzuwerfen. Um diese Flut effektiv zu stoppen, müssen Sie an der Quelle ansetzen: bei den Adresshändlern und den werbenden Unternehmen selbst.

Das schärfste Schwert gegen adressierte Werbung ist die sogenannte Robinsonliste. In Deutschland gibt es zwei relevante Listen, die vom I.D.I. Interessenverband Deutsches Internet und vom DDV Deutscher Dialogmarketing Verband geführt werden. Ein kostenloser Eintrag auf diesen Listen signalisiert den angeschlossenen Unternehmen – und das sind Hunderte der größten deutschen Konzerne und Versender –, dass Sie keine adressierte Werbepost erhalten möchten. Dies ist ein präventiver Rundumschlag, der weitaus effektiver ist als Hunderte Einzelwidersprüche.

Parallel dazu müssen Sie Ihr Widerspruchsrecht nach Art. 21 DSGVO gezielt einsetzen. Wenn Sie unerwünschte Post von einem Unternehmen erhalten, mit dem Sie nie eine Geschäftsbeziehung hatten, stammt Ihre Adresse wahrscheinlich von einem Adresshändler wie Deutsche Post Direkt. Senden Sie dem werbenden Unternehmen einen schriftlichen Widerspruch gegen die Nutzung Ihrer Daten für Werbezwecke. Fordern Sie gleichzeitig nach Art. 15 DSGVO Auskunft darüber, woher das Unternehmen Ihre Daten hat (Herkunft der Daten). Mit dieser Information können Sie dann gezielt den Adresshändler kontaktieren und dort ebenfalls die Löschung und Sperrung Ihrer Daten für Werbezwecke verlangen.

Diese Kombination aus präventivem Schutz (Robinsonliste) und reaktivem, aber gezieltem Vorgehen (DSGVO-Widerspruch und Auskunftsersuchen) ist die einzig wirksame Methode, um Ihren physischen Briefkasten dauerhaft von unerwünschter adressierter Post zu befreien. Seien Sie dabei unnachgiebig und dokumentieren Sie Ihre Korrespondenz.

Warum ist die Online-Ausweisfunktion (eID) jetzt unverzichtbar für Ihre Anträge?

Ein häufiges Manöver von Unternehmen, um Löschanfragen zu verzögern, ist das Anzweifeln Ihrer Identität. Sie fordern Kopien von Ausweisdokumenten, was nicht nur umständlich, sondern auch datenschutzrechtlich problematisch ist (Stichwort: Datensparsamkeit). Genau hier wird die Online-Ausweisfunktion (eID) Ihres Personalausweises zur entscheidenden bürokratischen Waffe. Sie ermöglicht eine sichere, schnelle und unzweifelhafte Identifizierung im digitalen Raum und entzieht den Unternehmen jegliche Grundlage für Verzögerungstaktiken.

Die eID ist weit mehr als nur ein Gimmick. Sie ist ein staatlich autorisiertes Werkzeug, das Ihren Datenschutzanträgen ein enormes Gewicht verleiht. Wenn Sie einen Antrag, zum Beispiel ein Auskunftsersuchen nach Art. 15 DSGVO, über ein Portal stellen, das die eID unterstützt, ist Ihre Identität zweifelsfrei nachgewiesen. Das Unternehmen kann sich nicht mehr hinter der Ausrede „Wir wissen nicht, ob Sie wirklich Sie sind“ verstecken. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Baden-Württemberg hebt hervor, dass solche sicheren Verfahren für die Identitätsprüfung bei Auskunftsersuchen ideal sind.

Die praktische Anwendung der eID im Kampf um Ihre Datensouveränität ist vielfältig und äußerst wirkungsvoll. Sie verwandelt eine formlose E-Mail in einen quasi-amtlichen Vorgang, der nicht ignoriert werden kann. Betrachten Sie die Aktivierung Ihrer eID nicht als lästige Pflicht, sondern als strategische Aufrüstung Ihres digitalen Werkzeugkastens. Folgende konkrete Anwendungen zeigen das Potenzial:

  • SCHUFA-Datenkopie online beantragen: Statt auf den Postweg zu warten, können Sie sich direkt online sicher identifizieren und den Prozess beschleunigen.
  • DSGVO-Anträge qualifiziert signieren: In Verbindung mit einer Signaturkarte können Sie Anträge rechtssicher und beweiskräftig versenden, was vor Gericht standhält.
  • Behördenportale nutzen: Beantragen Sie Führungszeugnisse, Meldebescheinigungen oder andere Dokumente online, ohne persönlich erscheinen zu müssen.
  • Auskunftsersuchen stellen: Stellen Sie Ihre Anfragen bei Unternehmen über deren Portale mit eID-Login, um Ihre Identität sofort zu bestätigen.
  • De-Mail-Konto einrichten: Nutzen Sie De-Mail für eine nachweislich zugestellte und rechtssichere Kommunikation, insbesondere mit Behörden und widerspenstigen Unternehmen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Seien Sie proaktiv, nicht reaktiv: Warten Sie nicht auf Datenmissbrauch. Nutzen Sie Werkzeuge wie E-Mail-Aliase und die Robinsonliste, um Probleme zu verhindern, bevor sie entstehen.
  • Kombinieren Sie Recht und Technik: Verlassen Sie sich nicht nur auf Cookie-Banner. Nutzen Sie Ad-Blocker als technische Abwehr und die DSGVO als Ihre rechtliche Waffe.
  • Dokumentieren Sie alles: Jeder Antrag, jede Antwort und jeder Verstoß ist ein potenzielles Beweisstück. Eine saubere Dokumentation ist die Grundlage für eine erfolgreiche Eskalation.

Wann sollten Sie auf Plattformen wechseln, die nicht Ihre Daten für Empfehlungen nutzen?

Der Kampf um die Löschung von Daten ist oft ein mühsames Unterfangen. Ein strategischer und langfristig wirksamerer Ansatz ist es jedoch, den Datenfluss an der Quelle zu stoppen, indem Sie bewusst auf Dienste umsteigen, die Datensparsamkeit als Geschäftsmodell praktizieren. Der Wechsel ist dann sinnvoll, wenn Sie feststellen, dass der Komfort eines Dienstes den Preis Ihrer Privatsphäre nicht mehr rechtfertigt. Wenn Sie sich über personalisierte Werbung ärgern, die auf Ihren privaten E-Mails basiert, oder über Empfehlungen, die Ihre intimsten Suchanfragen verraten, ist der Zeitpunkt für einen Wechsel gekommen.

Die gute Nachricht ist, dass es für fast jeden datenhungrigen US-Dienst eine europäische oder deutsche Alternative gibt, die den Datenschutz ernst nimmt. Diese Dienste werben oft explizit damit, keine Nutzerdaten für Werbung zu verkaufen oder zu analysieren. Ihr Geschäftsmodell basiert stattdessen auf Abonnements – ein ehrlicher Tausch von Geld gegen eine gute Dienstleistung, statt mit Ihren Daten zu bezahlen. Der Umstieg erfordert eine anfängliche Anstrengung, zahlt sich aber durch die zurückgewonnene digitale Souveränität langfristig aus.

Wie Datenschutzexperten betonen, ist ein kompletter Verzicht auf Datennutzung oft unrealistisch, aber die Wahl von Anbietern, die das Prinzip der Datensparsamkeit ernst nehmen, sendet ein starkes Signal an den Markt. Eine solche bewusste Entscheidung ist die ultimative Form des Widerspruchs.

Die folgende Tabelle, basierend auf Empfehlungen von Portalen wie eRecht24, die sich mit DSGVO-konformer Nutzung auseinandersetzen, zeigt einige populäre und datenschutzfreundliche Alternativen mit Serverstandorten in Deutschland oder der EU.

Deutsche und europäische Alternativen zu US-Diensten
US-Dienst EU-Alternative Serverstandort Datensparsamkeit
Gmail Mailbox.org / Posteo Deutschland Sehr hoch
WhatsApp Threema Schweiz Ende-zu-Ende, keine Metadaten
Google Suche Startpage / MetaGer Niederlande / Deutschland Keine IP-Speicherung
YouTube PeerTube Dezentral in EU Föderiertes System

Der Wechsel zu solchen Plattformen ist kein Allheilmittel, aber ein entscheidender Schritt, um die eigene Datenexposition fundamental zu reduzieren und Unternehmen zu unterstützen, die Ihre Privatsphäre respektieren.

Wie schützen Sie Ihre Kinder vor den Gefahren von „Sharenting“ auf Instagram & Co?

Das stolze Teilen von Kinderfotos in sozialen Netzwerken – bekannt als „Sharenting“ – birgt erhebliche und oft unterschätzte Gefahren. Einmal online, sind die Bilder unkontrollierbar. Sie können in falschen Kontexten wiederverwendet, für Mobbing genutzt oder sogar in kriminellen Netzwerken verbreitet werden. Der Schutz der Kinder erfordert hier nicht nur technische Einstellungen, sondern vor allem ein Umdenken der Eltern und die Kenntnis der klaren Rechtslage in Deutschland. Viele Eltern handeln in der Annahme, sie hätten das alleinige Recht über die Bilder ihrer Kinder zu entscheiden, doch das ist ein Trugschluss.

Das deutsche Recht ist hier eindeutig: Kinder haben ein eigenständiges Recht am eigenen Bild, verankert in § 22 des Kunsturhebergesetzes (KUG). Das bedeutet, dass Eltern nicht uneingeschränkt Fotos ihrer Kinder veröffentlichen dürfen, insbesondere wenn dies dem Kindeswohl schaden könnte oder wenn der andere Elternteil widerspricht. Deutsche Gerichte haben bereits mehrfach Eltern zur Löschung von Kinderfotos verurteilt. Spätestens ab dem 14. Lebensjahr wird davon ausgegangen, dass Jugendliche selbst über die Verwendung ihrer Bilder entscheiden können und eine Löschung verlangen dürfen – auch gegen den Willen der Eltern.

Der wirksamste Schutz ist, von vornherein auf das öffentliche Teilen von identifizierbaren Kinderfotos zu verzichten. Wenn Sie dennoch Bilder im engsten Kreis teilen möchten, sind strikte Privatsphäre-Einstellungen unerlässlich. Verlassen Sie sich nicht auf die Standardeinstellungen der Plattformen. Sie müssen die Kontrolle aktiv übernehmen. Die folgenden Schritte sind ein absolutes Minimum für Plattformen wie Instagram:

  • Konto auf ‚Privat‘ stellen: Dies ist die wichtigste Basiseinstellung. Nur bestätigte Follower können Ihre Inhalte sehen.
  • ‚Enge Freunde‘-Liste nutzen: Erstellen Sie für Stories eine exklusive Liste nur für die engste Familie, um Kinderfotos zu teilen.
  • Gesichtserkennung deaktivieren: Suchen Sie in den Einstellungen nach Optionen zur Gesichtserkennung und schalten Sie diese vollständig aus.

  • Geotagging ausschalten: Veröffentlichen Sie niemals den genauen Standort, an dem ein Foto Ihres Kindes aufgenommen wurde.
  • Kommentare einschränken: Erlauben Sie Kommentare nur von Personen, denen Sie selbst folgen, um unerwünschte Interaktionen zu minimieren.

Der Schutz der Privatsphäre Ihrer Kinder beginnt bei Ihrer eigenen Disziplin. Es ist Ihre Verantwortung, die langfristigen Konsequenzen von Sharenting zu verstehen und entsprechend zu handeln.

Häufige Fragen zur Durchsetzung von Datenschutzrechten

Was ist der Unterschied zwischen DSGVO-Widerspruch und Robinsonliste?

Der DSGVO-Widerspruch nach Art. 21 gilt immer nur für das einzelne Unternehmen, bei dem Sie widersprechen. Sie müssen ihn also an jede Firma einzeln richten. Die Robinsonliste wirkt hingegen präventiv und gebündelt für alle Mitgliedsunternehmen des jeweiligen Verbands (z.B. des DDV). Ein Eintrag dort ersetzt Hunderte Einzelwidersprüche.

Wie identifiziere ich den Adresshändler hinter der Werbepost?

Prüfen Sie das Kleingedruckte auf der Werbesendung oder dem Umschlag sehr genau. Oft findet sich dort ein kleiner Hinweis wie „Adresse bereitgestellt von…“, „Infopost“ mit einer Nummer oder ein Verweis auf einen Dienstleister wie Deutsche Post Direkt. Diese Information ist der Schlüssel, um den Verantwortlichen direkt zu kontaktieren.

Gilt ein ‚Keine Werbung‘-Aufkleber auch für adressierte Post?

Nein. Ein Standard-Aufkleber wirkt nur bei unadressierten Wurfsendungen (z.B. Prospekte ohne Namen). Für teiladressierte Post (‚An die Bewohner des Hauses…‘) benötigen Sie einen speziellen Aufkleber mit einem expliziten Hinweis darauf. Gegen vollständig adressierte Post an Ihren Namen ist ein Aufkleber wirkungslos; hier helfen nur der Widerspruch nach Art. 21 DSGVO und der Eintrag in die Robinsonliste.

Geschrieben von Tobias Müller, Zertifizierter IT-Sicherheitsberater (CISSP) und Systemadministrator aus Frankfurt am Main. Seit 14 Jahren unterstützt er Privathaushalte und KMUs bei der Absicherung ihrer digitalen Infrastruktur und der Integration von Smart-Home-Lösungen.